Donnerstag, 29. Dezember 2011

Verschweigen von lebensgefährlichen Risiken – Ordnungswidrigkeit oder Straftat?


Liebe Leser,
in den letzten Jahren habe ich sie an dieser Stelle über der Stand meines Verfahrens gegen Pfizer wegen des Medikaments Zoloft informiert. Denn Zoloft hat gravierende Nebenwirkungen- bei Kindern und Jugendlichen erhöht es bewiesenermaßen das Suizidrisiko- und daher besteht ein starkes öffentliches Interesse, dass alle Risiken und Nebenwirkungen auch veröffentlicht werden.
Pfizer jedoch hat über viele Jahre das erhöhte Suizidrisiko von Zoloft geleugnet und verschwiegen, obwohl ihr dieses Risiko schon zum Zeitpunkt der Zulassung in Deutschland im Jahre 1996 bekannt gewesen sein musste. Denn aus den Daten in dem Zulassungsgutachten, das Pfizer 1995 in Auftrag gegeben hatte und das mein Anwalt und ich zusammen mit einem Experten 2009 bei der Aufsichtsbehörde BfArM einsehen konnten , geht hervor, dass die Suizidrate unter Zoloft deutlich höher war als in der Vergleichsgruppe.
Ein Jahr nach dem Suizid meiner Frau hatte ich daher 2006 bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die Pfizer Pharma GmbH eingereicht wegen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und wegen fahrlässiger Tötung. Doch die Strafverfolgungsbehörden sahen trotz der zahlreichen Belege für den Verstoß keinen Anlass, gegen die Pfizer Pharma GmbH eine entsprechende Untersuchung einzuleiten und hatten meine Anzeige abgewiesen. Wütend und Deprimiert über die Haltung der deutschen Justiz hatte ich daraufhin den leitenden Staatsanwalt wegen Strafvereitelung im Amt angezeigt. Doch auch diese Anzeige wurde von der Oberstaatsanwaltschaft abgewiesen. Das war im Sommer 2006. Ich war am Boden zerstört und wollte schon aufgeben.
Meine Anzeige wurde anschließend von der Staatsanwaltschaft an die zuständige Behörde weiter geleitet zur Untersuchung eines möglichen Ordnungswidrigkeitsverstoßes wegen Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflichten nach dem Arzneimittelgesetz. Jahrelang habe ich hierzu nichts gehört und auch nicht weiter verfolgt, da ich mir hiervon wenig versprach und meine Zeit und Kraft zunächst einmal auf meine Klage gegen Pfizer wegen Schadenersatz und Schmerzensgeld konzentrieren wollte.
Anfang dieses Jahres wollte ich aber einen neuen Versuch unternehmen, dass die Verstöße von Pfizer auch strafrechtlich verfolgt oder doch zumindest doch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Also fragte ich zunächst bei der Staatsanwaltschaft nach, an welche Behörde die Akten damals weiter geleitet wurden und was die Untersuchung ergeben hat.
Ich wurde an das Regierungspräsidium Baden-Württemberg verwiesen. Doch sie wiederum, so erklärten sie mir, seien bei Verstößen gegen die Kennzeichnungspflichten zu den Risiken von Medikamenten auch nicht zuständig. Dies sei Aufgabe der Arzneimittel-Aufsichtsbehörde BfArM., so deren Aussage. Daher wurde auch keine Untersuchung eingeleitet und weiter nichts unternommen. Es ist also für Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz die Behörde zuständig, die auch die Zulassung von Zoloft ohne entsprechende Hinweise zum Suizidrisiko genehmigt hat, obwohl ihr das Risiko schon seit Mitte der 80er Jahre bekannt war und deren Verhalten somit mehr als fragwürdig ist. Interessenskonflikte der Aufsichtsbehörde sind somit vorprogrammiert. Wird sie die Verstöße von Pfizer bei der Kennzeichnung der Risiken von Zoloft so untersuchen, wie es ihre Aufgabe wäre, wenn sie sich möglicherweise damit selbst belastet?
Anfang September 2011 habe ich den Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz bezüglich der Anzeige der Risiken von Zoloft bei der Aufsichtsbehörde BfArM angezeigt und, als ich nach mehren Wochen und nach einer Anfrage zum Stand meiner Anzeige noch immer keine antwort erhalten habe, ihr eine Frist bis zum 15.12.2011 gesetzt. Doch auch diese Frist verstrich ergebnislos. Erst als ich daraufhin das Ministerium für Gesundheit angeschrieben hatte erhielt ich wenige Tage danach an Heiligabend einen Brief vom Präsidenten der Aufsichtsbehörde, Herrn Prof. Dr. Schwertfeger.
Darin schrieb er mir, dass der Behörde keine neuen Informationen bekannt wären, die eine Änderung der Risikoinformationen von Zoloft rechtfertigen würden und daher aktuell auch kein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflichten vorliegen würde. Ich hatte in meiner Anzeige damit argumentiert, dass die aktuellen Fach- und Gebrauchsinformationen zwar auf das Suizidrisiko hinweisen, diesen Warnhinweis aber beschränken auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Das Risiko bestehe aber für alle Altersgruppen und daher sei die Fachinformation immer noch unvollständig.
Zu den Verstößen wegen der gänzlich fehlenden Kennzeichnung des Suizidrisikos in den Jahren 2004 und 2005, also zu einer Zeit, als bereits die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA einen „Black-Box“- Warnhinweis auf der Verpackung von Zoloft in den USA vorgeschrieben hatte, verweist der Präsident der Aufsichtsbehörde auf die Verjährungsfristen im Ordnungswidrigkeitsgesetz (OWiG). Demnach verjähren Ordnungswidrigkeiten nach spätestens 3 Jahren.
Doch handelt es sich bei den Verstößen nur um Ordnungswidrigkeiten, die nur mit einer Geldstrafe geahndet werden können? Das Arzneimittelgesetz jedoch lässt bei schweren Taten auch eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren zu.
Hierzu zählt das Gesetz Taten, die (a) eine große Anzahl von Menschen gefährden oder (b)sie der Gefahr für Leib und Leben aussetzen oder (c) durch die sich der Täter einen unrechtmäßigen finanziellen Vorteil verschafft. All diese Kriterien sind hier gegeben. Pfizer hat ganz bewusst die Risiken der Suizidgefahr unterschlagen und verhindert, dass in der Gebrauchs- und Fachinformation hiervor gewarnt wurde, um den eignen Umsatz und Gewinn zu maximieren.
In meiner Antwort auf das Schreiben von Prof. Schwertfeger habe ich daher meine Anzeige erweitert in eine Strafanzeige. Mal schauen, wie das BfArM die Anzeige entkräften will.Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen …
Brief von Prof. Schwerdtfeger vom 23.12.2011
(zum Öffnen des Brief bitte anklicken)

BfArM_p1
BfArM_p2

Samstag, 13. August 2011

Pfizer gesteht “potentielle” Bestechungen in Übersee ein

Pfizer Confesses About ‘Potential’ Overseas Bribes

(Quelle: http://www.pharmalot.com/2011/08/pfizer-confesses-about-potential-overseas-bribes/)

3 Comments

 

By Ed Silverman // August 12th, 2011 // 7:36 am

bribe-flickrIn another instance in which a drugmaker appears to have bribed overseas officials, Pfizer has “voluntarily” provided the US Department of Justice and the US Securities and Exchange Commission with information concerning “potentially improper payments” made by Pfizer and Wyeth personnel in connection with certain unspecified sales activities outside the US.

The move comes amid increased scrutiny by the feds into the pharmaceutical industry and its interactions with foreign health care systems. In late 2009, the head of the Justice Department’s Criminal Division warned drugmakers that there will be more criminal enforcement against interactions with foreign officials as they seek violations of the Foreign Corrupt Practices Act (see here).

In April, Johnson & Johnson was fined $70 million for bribing public doctors in several European countries - and paying kickbacks to Iraq - to illegally obtain business (read this). And over the past year, at least five other drugmakers, including Merck and Eli Lilly, received letters as the feds seeks to uncover any FCPA violations. The probe is also exploring whether drugmakers and clinical trial organizations pay off third-party investigators to finesse research data (look here).

The Pfizer submission was disclosed in a filing with the SEC and notes that the drugmaker is in “discussions” with the DOJ and SEC about a resolution (see page 33). The filing goes on to say that improper payments and “other matters” are being investigated by authorities in various foreign countries, including a civil and criminal investigation in Germany over tax matters involving a Pfizer subsidiary.

Donnerstag, 4. August 2011

Britische Aufsichtsbehörde zerstört Zulassungsdaten

 

(Quelle: Der Pharma-Brief Nr. 6, Juli/August 2011, S. 5)

 

Dokument (2)

Verhandlungstermin 13.07.2011 beim LG Köln abgesagt

 

Liebe Leser,

die Klage vor dem Landgericht Köln verzögert sich leider weiter. Wir hatten am 13.07 einen Termin, der aber wenige Tage vorher abgesagt wurde.

Es sollte nur über die Möglichkeit eines Vergleichs verhandelt werden, noch bevor die Auskunft zu Zoloft vollständig erteilt wurde, worauf wir uns aber nicht eingelassen haben. Denn die Unterlagen, die wir bisher erhalten haben, sind unserer Ansicht nach noch längst nicht alles. Jetzt ist das Gericht und Pfizer erst einmal am Zuge.


Vor einigen Tagen habe ich Herrn Dr. Hess, den Vorsitzenden des G-BA, angeschrieben. Denn der G-BA ist für die Vergabe der Aufträge an das IQWiG zuständig. Als das IQWiG gegründet wurde hatte es von dem B-BA den Auftrag erhalten, eine Risiko-Nutzenbewertung zu den SSRI-Antidepressiva durchzuführen. Doch dieser Auftrag ist seit Jahren zurück gestellt worden. Es kann meiner Ansicht nicht sein, dass der Auftrag so viele Jahre vor sich hergeschoben wird und die Behörden sich so ihrer Verantwortung zu entziehen versuchen. Denn gleichzeitig sollen, wie ich mit Entsetzen im Ärzteblatt gelesen habe, die Werbeeinschränkungen für Schlafmittel und "Stimmungsaufheller" gelockert werden (siehe http://www.aerztezeitung.de/news/article/663133/regierung-will-pharmaindustrie-katzentisch-setzen.html) . Müssen wir uns dann demnächst darauf einstellen, dass auch im Fernsehen und in Zeitschriften für Zoloft und die anderen SSRIs geworben werden darf, wie es in den U.S.A seit Jahren üblich ist?


Viele Grüße,


Lothar Schröder

 

ZoloftAd2

Sonntag, 5. Juni 2011

Prozesstermin Landgericht Köln 13.07.2011

Liebe Leser,

 

nach längerer Pause melde ich mich nun auf meinem Blog zurück.

Nachdem der Versuch der außergerichtlichen Einigung mit Pfizer gescheitert ist, findet nun am 13.07.2011 um 10:00 Uhr im Sitzungssaal 0237  vor dem Landgericht Köln die erste  mündliche Verhandlung  zur Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld statt. Die Sitzung ist öffentlich.