Liebe Leser,
die nachfolgende Pressemitteilung ging gestern an die Öffentlichkeit.
Auch wenn sie sich nur auf das Antidepressivum Paroxetin (Paxil, Seroxat) bezieht, so gilt das Gleiche auch für andere Antidepressiva, z.B. auch für Zoloft: Auch hier hat das pharmazeutische Unternehmen Pfizer das Suizidrisiko im Zulassungsantrag verschleiert, wie wir durch Akteneinsicht herausgefunden haben. Das ging auch ganz einfach: In der Bewertung der Risiken wurden die Nebenwirkungsmeldungen weggelassen, bei denen nach Ansicht von Pfizer oder der Ärzte kein kausaler Zusammenhang bestand. Und das war in 9 von 10 Fällen so, darunter auch bei allen vollendeten Suiziden.
Bei der Aufsichtsbehörde BfArM ging der Antrag zu Zoloft daher ohne Beanstandungen durch. Die Listen mit den vollständigen Daten wurden nicht bemerkt.
Auch heute noch meint man beim BfArM, dass dem Unternehmen "kein Fehlverhalten vorzuwerfen" und eine Neubewertung der Risiken und des Nutzen nicht erforderlich sei.
Herzliche Grüße,
Lothar Schröder
Von: redaktion gp-sp [mailto:redaktion@gp-sp.de]
Gesendet: Montag, 30. Mai 2016 09:27
Betreff: [GPSP Presse] Antidepressivum - Studienergebnisse verheimlicht
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Pressemitteilung 30. Mai 2016
Antidepressivum –
Studienergebnisse verheimlicht
Suizidgefahr bei Jugendlichen höher als behauptet
Wer die Ergebnisse von klinischen Studien verfälscht veröffentlicht, handelt verantwortungslos. So wurde zum Beispiel 2001 eine Studie publiziert, die dem Antidepressivum Paroxetin eine positive Wirkung bei Jugendlichen bescheinigte. Jetzt wurden die Daten neu ausgewertet mit verstörendem Resultat. Der Hersteller hatte die Ergebnisse einfach umgedreht: von unwirksam zu wirksam, von gefährlich zu sicher. Möglich war dies, weil der Konzern seine Daten-Karten nicht offen legte. Gute Pillen – Schlechte Pillen begrüßt die neue EU-Verordnung, die eine solche Geheimhaltung verbietet. Kritisch zu sehen ist, dass dies nicht für Vergangenes gilt und dass die Verordnung u.a. durch TTIP gefährdet werden kann.
Originaldaten einer Studie gehören dem Auftrag gebenden Pharmahersteller. Schlimm ist es, wenn diese Ergebnisse gedeckelt oder verheimlicht werden. So geschehen beim Antidepressivum Paroxetin. Der Pharmakonzern bewarb sein Produkt für Jugendliche als allgemein gut verträglich und erfolgreich bei schwerer Depression. Doch schien dabei irgendwas merkwürdig: Hatte doch der Pharmakonzern vor 15 Jahren die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift durch einen Ghostwriter schreiben lassen. Dabei wurden Suizidversuche während der Studie zur „emotionalen Labilität“ umetikettiert.
Nach langem Hin und Her musste der Hersteller seine Daten offenlegen und eine milliardenhohe Strafe zahlen. Doch der irreführende Artikel wurde nie korrigiert und immer weiter zitiert. Die alten Studienergebnisse wurden nun komplett neu und unabhängig ausgewertet – mit zwei klare Ergebnissen: Paroxetin wirkt nicht besser als ein Placebo. Und Suizidversuche fanden nicht fünf-, sondern elfmal häufiger statt.
Es ist nicht einfach, Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, das passende Medikament in bester Dosierung zu verordnen. Und besonders bei jungen Patienten ist höchste Sorgfalt nötig. Ärzte und Ärztinnen orientieren sich an Studienergebnissen. Und diese müssen zuverlässig wiedergegeben sein. Darum ist die neue EU-Verordnung gegen Geheimhaltung der Daten ein guter Schritt – leider mit noch vielen Hindernissen. Jörg Schaaber dazu: „Vor allem drohen aktuelle Entwicklungen wie das geplante Handelsabkommen TTIP und die EU-Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen alle bislang erreichte Transparenz infrage zu stellen. Dabei ist sie für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten so wichtig.“
Weiteres zum Fall Paroxetin und der neuen Studienauswertung sowie zur neuen EU-Verordnung und EU-Richtlinie finden Sie im Originalartikel der Ausgabe GPSP 3/2016: http://gutepillen-schlechtepillen.de/das-kann-toedlich-enden/ .
Die Veröffentlichung dieser Mitteilung ist kostenlos unter Angabe der Quelle www.gutepillen-schlechtepillen.de oder Gute Pillen –Schlechte Pillen 3/2016. Über Rückmeldung oder Beleg freuen wir uns.
Ansprechpartner für die Presse:
Jörg Schaaber
Redaktion Gute Pillen – Schlechte Pillen
August-Bebel-Str. 62
D-33602 Bielefeld
Redaktion@GP-SP.de
www.gutepillen-schlechtepillen.de
Gute Pillen - Schlechte Pillen ist ein Gemeinschaftsprojekt von: DER ARZNEIMITTELBRIEF, arznei-telegramm, Arzneiverordnung in der Praxis und Pharma-Brief.
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Herausgeber: Gute Pillen, Schlechte Pillen - Gemeinnützige Gesellschaft für unabhängige Gesundheitsinformation mbH, Bergstr. 38A, 12169 Berlin, HRB 98731B Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Geschäftsführer: Wolfgang Becker-Brüser, Jörg Schaaber, Dr. Dietrich von Herrath. Steuernr. 29/010/70934
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