Liebe Leser,
am 28.08.2016 wurde im WDR-Fernsehen in der Reihe "dieStory" über die Rolle der Politik im Contergan-Skandal berichtet:
Redaktion: Klaus Martens
Dieser Blog handelt von den Risiken- insbesondere dem erhöhten Suizidrisiko - der neueren SSRI- Antidepressiva, wie ZOLOFT und Prozac (Fluctin). ZOLOFT wird von Pfizer hergestellt. Diese Medikamente werden immer noch leichtfertig auch bei nur leichten Depressionen verschrieben, obwohl sie hierbei nicht wirksamer sind als Placebos. Sie können aber schwerwiegende Entzugserscheinungen hervorrufen und dürfen daher nur unter ärtzlicher Aufsicht abgesetzt werden.
Liebe Leser,
die nachfolgende Pressemitteilung ging gestern an die Öffentlichkeit.
Auch wenn sie sich nur auf das Antidepressivum Paroxetin (Paxil, Seroxat) bezieht, so gilt das Gleiche auch für andere Antidepressiva, z.B. auch für Zoloft: Auch hier hat das pharmazeutische Unternehmen Pfizer das Suizidrisiko im Zulassungsantrag verschleiert, wie wir durch Akteneinsicht herausgefunden haben. Das ging auch ganz einfach: In der Bewertung der Risiken wurden die Nebenwirkungsmeldungen weggelassen, bei denen nach Ansicht von Pfizer oder der Ärzte kein kausaler Zusammenhang bestand. Und das war in 9 von 10 Fällen so, darunter auch bei allen vollendeten Suiziden.
Bei der Aufsichtsbehörde BfArM ging der Antrag zu Zoloft daher ohne Beanstandungen durch. Die Listen mit den vollständigen Daten wurden nicht bemerkt.
Auch heute noch meint man beim BfArM, dass dem Unternehmen "kein Fehlverhalten vorzuwerfen" und eine Neubewertung der Risiken und des Nutzen nicht erforderlich sei.
Herzliche Grüße,
Lothar Schröder
Von: redaktion gp-sp [mailto:redaktion@gp-sp.de]
Gesendet: Montag, 30. Mai 2016 09:27
Betreff: [GPSP Presse] Antidepressivum - Studienergebnisse verheimlicht
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Pressemitteilung 30. Mai 2016
Antidepressivum –
Studienergebnisse verheimlicht
Suizidgefahr bei Jugendlichen höher als behauptet
Wer die Ergebnisse von klinischen Studien verfälscht veröffentlicht, handelt verantwortungslos. So wurde zum Beispiel 2001 eine Studie publiziert, die dem Antidepressivum Paroxetin eine positive Wirkung bei Jugendlichen bescheinigte. Jetzt wurden die Daten neu ausgewertet mit verstörendem Resultat. Der Hersteller hatte die Ergebnisse einfach umgedreht: von unwirksam zu wirksam, von gefährlich zu sicher. Möglich war dies, weil der Konzern seine Daten-Karten nicht offen legte. Gute Pillen – Schlechte Pillen begrüßt die neue EU-Verordnung, die eine solche Geheimhaltung verbietet. Kritisch zu sehen ist, dass dies nicht für Vergangenes gilt und dass die Verordnung u.a. durch TTIP gefährdet werden kann.
Originaldaten einer Studie gehören dem Auftrag gebenden Pharmahersteller. Schlimm ist es, wenn diese Ergebnisse gedeckelt oder verheimlicht werden. So geschehen beim Antidepressivum Paroxetin. Der Pharmakonzern bewarb sein Produkt für Jugendliche als allgemein gut verträglich und erfolgreich bei schwerer Depression. Doch schien dabei irgendwas merkwürdig: Hatte doch der Pharmakonzern vor 15 Jahren die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift durch einen Ghostwriter schreiben lassen. Dabei wurden Suizidversuche während der Studie zur „emotionalen Labilität“ umetikettiert.
Nach langem Hin und Her musste der Hersteller seine Daten offenlegen und eine milliardenhohe Strafe zahlen. Doch der irreführende Artikel wurde nie korrigiert und immer weiter zitiert. Die alten Studienergebnisse wurden nun komplett neu und unabhängig ausgewertet – mit zwei klare Ergebnissen: Paroxetin wirkt nicht besser als ein Placebo. Und Suizidversuche fanden nicht fünf-, sondern elfmal häufiger statt.
Es ist nicht einfach, Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, das passende Medikament in bester Dosierung zu verordnen. Und besonders bei jungen Patienten ist höchste Sorgfalt nötig. Ärzte und Ärztinnen orientieren sich an Studienergebnissen. Und diese müssen zuverlässig wiedergegeben sein. Darum ist die neue EU-Verordnung gegen Geheimhaltung der Daten ein guter Schritt – leider mit noch vielen Hindernissen. Jörg Schaaber dazu: „Vor allem drohen aktuelle Entwicklungen wie das geplante Handelsabkommen TTIP und die EU-Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen alle bislang erreichte Transparenz infrage zu stellen. Dabei ist sie für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten so wichtig.“
Weiteres zum Fall Paroxetin und der neuen Studienauswertung sowie zur neuen EU-Verordnung und EU-Richtlinie finden Sie im Originalartikel der Ausgabe GPSP 3/2016: http://gutepillen-schlechtepillen.de/das-kann-toedlich-enden/ .
Die Veröffentlichung dieser Mitteilung ist kostenlos unter Angabe der Quelle www.gutepillen-schlechtepillen.de oder Gute Pillen –Schlechte Pillen 3/2016. Über Rückmeldung oder Beleg freuen wir uns.
Ansprechpartner für die Presse:
Jörg Schaaber
Redaktion Gute Pillen – Schlechte Pillen
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Gute Pillen - Schlechte Pillen ist ein Gemeinschaftsprojekt von: DER ARZNEIMITTELBRIEF, arznei-telegramm, Arzneiverordnung in der Praxis und Pharma-Brief.
Alle beteiligten Zeitschriften sind Mitglied der International Society of Drug Bulletins (ISDB).
Herausgeber: Gute Pillen, Schlechte Pillen - Gemeinnützige Gesellschaft für unabhängige Gesundheitsinformation mbH, Bergstr. 38A, 12169 Berlin, HRB 98731B Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Geschäftsführer: Wolfgang Becker-Brüser, Jörg Schaaber, Dr. Dietrich von Herrath. Steuernr. 29/010/70934
Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise und den Ausschreitungen zu Silvester in Köln ist immer wieder vom Verlust der staatlichen Kontrolle die Rede. Was ist von einem Staat zu halten, der weder seine Außengrenzen wirksam schützen kann noch die weibliche Bevölkerung gegen sexuelle Übergriffe? Versagt hier nicht der Staat auf eklatante Weise?
Auch auf anderen Gebieten lassen sich zahlreiche Beispiele finden, die aufzeigen, dass staatliche Behörden ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden und dadurch die staatliche Ordnung und auch die Gesundheit jedes Einzelnen gefährdet wird. Ein Paradebeispiel hierzu ist der jüngste Abgasskandal bei VW um erhöhte Stickoxide, durch die die gesamte deutsche Bevölkerung einer erhöhten Gesundheitsgefährdung ausgesetzt wird. Was tut das Ministerium, um den angerichteten Schaden zu begrenzen oder wiedergutzumachen? Werden die Umstände des Skandals vom Ministerium aufgeklärt oder eher verschleiert? Mir scheint, ihre einzige Sorge ist die vor den wirtschaftlichen Folgen für den Standort Deutschlands und nicht so sehr der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Wenn man liest, dass die Kommission des Verkehrsministeriums, die vom Minister Dobrindt kurz nach Bekanntwerden des Skandals eingesetzt wurde, nahezu ausschließlich aus Vertretern des Ministeriums und des Kraftfahrtbundesamtes besteht und somit als industriefreundlich bezeichnet werden kann, dann bestätigt dies genau meinen Eindruck. Die jüngste Anzeige er Deutschen Umwelthilfe gegen das Kraftfahrtbundesamt wegen Untätigkeit ist da nur folgerichtig, wird aber wahrscheinlich nicht viel erreichen, da die Staatsanwaltschaften in Deutschland dem Justizministerium unterstellt und weisungsgebunden sind. Die Politik jedoch wird alles erdenkliche unternehmen, dass der Skandal keine Folgen für das Unternehmen haben wird.
Ähnlich verhält es sich auch bei der Arzneimittelaufsichtsbehörde BfArM und dem Gesundheitsministerium: Auch dort wird auf wirksame Kontrolle und Einhaltung der Gesetze verzichtet, auch wenn es um gravierende Verstöße bei der Zulassung von Arzneimitteln geht. Dies gilt sogar dann, wenn die Aufsichtsbehörde durch Anzeige hierauf hingewiesen wird, wie ich leider selbst erfahren musste.
Durch Akteneinsicht bei der Aufsichtsbehörde in die Zulassungsstudien des Medikamentes Zoloft , einem modernen Antidepressivum der Gruppe der Selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI) hatte ich entdeckt, dass das Suizidrisiko im Zulassungsantrag verschleiert und so der Eindruck erweckt wurde, das Medikament sei sicher und wirksam. Doch statt nur 15 Fälle schwerer Nebenwirkungen zu Suiziden, Suizidversuchen und suizidalem Verhalten unter Zoloft in klinischen Studien wie im Zulassungsantrag und Zulassungsgutachten genannt wurden, hatten sich tatsächlich zehnmal so viele Fälle ereignet. Die unterschiedlichen Anzahlen resultierten dadurch, dass bei der Bewertung des Suizidrisikos in den Zulassungsunterlagen und Gutachten nur die Fällle gezählt wurden, in denen die Ärzte einen kausalen Zusammenhang vermutet oder für möglich erachtet hatten. Da aber in 90% der Fälle nach deren Ansicht andere Ursachen bestanden hatten, wurden diese Fälle einfach nicht mit berücksichtigt. Wenn man weiß, dass die Firmen, die diese Zulassungsstudien im Auftrag der Pharmaindustrie
Lobbyisten die Gesetze schreiben und bestimmen, wo es langgeht, kann man dann noch dem