Rote-Hand-Briefe an die Ärzte und Heilberufe
Sehr geehrter Herr Dr. Penk,
als ich im am 29.01.2007 von der Ablösung Herrn Walter Köbeles und Ihrer Ernennung als neuen Chef der Pfizer Pharma GmbH gelesen hatte, hatte ich die leise Hoffnung, dass sich die Unternehmenskultur und insbesondere die Informationspolitik in Ihrem Unternehmen ein wenig ändern könnte. Denn als Arzt müssten Sie selbst nur zu gut wissen, wie wichtig es ist, dass für die richtige Therapie mit Medikamenten dem Arzt auch sämtliche Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt sind und er über Änderungen von Risikohinweisen auch unmittelbar informiert wird. Leider hatte die Pfizer Pharma GmbH wie auch andere Pharmakonzerne in der Vergangenheit häufig wichtige Nebenwirkungen ihrer Medikamente verschwiegen und die Wirkung übermäßig positiv dargestellt, wie jüngste Studien gezeigt haben.. Ein besonders gravierendes Negativbeispiel sind die SSRI- Antidepressiva, deren negative Studien vielfach nicht veröffentlicht wurden. Dies gilt auch für Ihr Produkt Zoloft, denn von den 5 Studien, die der FDA bei der Zulassung Anfang der 90er Jahre vorgelegt wurden, wurden nur die zwei positiven Studien publiziert (siehe: „Selective Publication of Antidepressant Trials and Its Influence on Apparent Efficacy“, Erick H. Turner, M.D., Annette M. Matthews, M.D., Eftihia Linardatos, B.S., Robert A. Tell, L.C.S.W., and Robert Rosenthal, Ph.D., New England Journal, 358,3, S. 252-260).
Als im August 2005 die Europäische Kommission die Pharmahersteller von SSRI- Antidepressiva dazu verpflichtete, in der Packungsbeilage und Fachinformation auf das erhöhte Suizidrisiko bei Kindern und Jugendlichen hinzuweisen, wurde nicht, wie es in derartigen Fällen üblich ist, die Ärzteschaft und die anderen Heilberufe hierüber in einem Anschreiben - auch "Rote-Hand-Brief" genannt -oder auf andere Weise direkt informiert. Die Warnhinweise wurden vielmehr still und leise in dem Beipackzettel und in der Fachinformation aufgenommen. Ein Allgemeinmediziner, der viele unterschiedliche Medikamente verschreibt, wird von diesen wichtigen Änderungen der Risikohinweise zu Zoloft ohne eine direkte Information nicht sofort erfahren haben, wenn er nicht regelmäßig die Fachinformationen neu liest. Vielfach geben die Ärzte auch Musterpackungen an ihre Patienten, die noch brauchbar sind aber diese neuesten Warnhinweise noch nicht enthalten. In diesem Fall ist dann auch der Patient nicht gewarnt und wägt sich in einer falschen Sicherheit! Das liegt, werden Sie sagen, vor Ihrer Zeit und dafür sind Sie nicht verantwortlich.
Doch das Gleiche geschah auch letztes Jahr, als die Warnhinweise vor einem erhöhten Suizidrisiko bei Kindern und Jugendlichen auch auf junge Erwachsene bis 25 Jahren ausgeweitet wurden. Wieder einmal wurden wesentliche Änderungen in der Zulassung eingeführt, ohne die Ärzteschaft und die Öffentlichkeit hierüber gesondert zu informieren! Auch auf ihrer Internet-Seite und auf der der Seite der deutschen Arzneimittelaufsichtsbehörde BfArM sucht man eine entsprechende Information, dass im Juli 2007 die Warnhinweise zu Zoloft geändert wurden, vergebens. Auch ich habe hiervon erst vor einigen Wochen nur rein zufällig erfahren, obwohl ich regelmäßig nach entsprechenden Informationen Ausschau gehalten habe.
Im Interesse der Sicherheit und Gesundheit der deutschen Bevölkerung fordere ich Sie, Herr Dr. Penk, eindringlich dazu auf, Ihrer Verantwortung als Arzt und Geschäftsführer eines pharmazeutischen Unternehmens nachzukommen und die Warnhinweise auf ihrer Internet-Seite und der des BfArM zu veröffentlichen und auch die Ärzteschaft und anderen Heilberufe direkt anzuschreiben und über die neuen Risikohinweise zu informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Lothar Schröder