Freitag, 4. April 2008

Kirsch-Studie in den Tagesthemen 02.04.2008
















Jetzt wurde auch in den Tagesthemen über die Studie von Kirsch über die Wirkungslosigkeit von Antidepressiva bei leichten und mittelschweren Depressionen berichtet.
Dort kommt auch Herr Prof. Löwer von der Aufsichtsbehörde BfArM zu Wort und er bestätigt, dass es ja schon lange bekannt sei, dass Antidepressiva bei leichten und mittelschweren Depressionen nicht wirken. Warum, wenn dem so ist, hat dann die Aufsicht nicht schon längst darauf reagiert und die Zulassung nur auf schwerst depressive Patienten eingeschränkt? Denn leider haben die Antidepressiva zu Teil schwerwiegende Nebenwirkungen - von gesteigerter innerer Unruhe, Sexualstörungen, Albträume bis hin zu Suizidhandlungen -und sind nicht so harmlos wie "Smarties". Daher ist die Behandlung mit Antidepressiva auch nur da gerechtfertigt, wo auch ein Nutzen zu erwarten ist! Gut an dem Beitrag ist einzig die kritische Anmoderation von Caren Miosga. Ich hätte mir mehr kritische Fragen an die Aufsicht gewünscht. http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video298978.html

Mein Leserbrief an die Redaktion:

Sehr geehrte Redaktion,

in ihrem Beitrag, den ich mir soeben im Internet angesehen habe, sind einige Dinge verfälscht dargestellt worden. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Studie von Kirsch zu dem Ergebnis kommt, dass Antidepressiva bei schweren Depressionen wirksam sind und dass dies auch vom arznei-telegramm bestätigt wurde. Vielmehr kommt Kirsch zu dem Schluss, dass bei schweren Depressionen der Placeboeffect nachlässt und deswegen die Antidepressiva gegenüber Placebos eine geringfügig höhere Wirkung zeigen.

In ihrem Beitrag wird die Studie angezweifelt und hierfür Vertreter der Gesellschaft für Psychiatrie und der Aufsicht zitiert, jedoch ohne Gegenbeweise oder Studien vorweisen zu können, die die Kritik rechtfertigen. Das Argument, dass die Antidepressiva wirksam sein müssen, denn sonst hätte man sie ja nicht zugelassen, ist angesichts der in letzter Zeit vermehrt bekannt gewordenen verfälschten Studien und der weit verbreiteten Korruption bei der Zulassung der Antidepressiva nicht stichhaltig. Wenn sie mehr darüber wissen wollen, wie die Pharmaunternehmen durch Bestechung und illegale Methoden die Zulassung von Prozac, dem ersten SSRI, erreicht haben, dann würde ich ihnen empfehlen, mal mit John Virapen zu sprechen, einem Ex-Manager von Eli Lilly, der hierüber das Buch "Nebenwirkung: Tod" geschrieben hat. Ich bin mit ihm in telefonischen Kontakt und könnte ihn fragen, ob er für ein Interview bereit stehen würde.

Warum haben sie in dem Beitrag nicht auch eine von den 95% leicht oder mittelschwer depressiven Patienten gezeigt, denen die Antidepressiva nachweislich nichts bringen, deren Zustand aber durch die teilweise schweren Nebenwirkungen noch zusätzlich belastet wird?

Und warum wurde in ihrem Beitrag nicht auch mal nebenbei erwähnt, dass eine der Nebenwirkungen dieser Antidepressiva ist, dass sie das Suizidrisiko erhöhen können? Dies ist zumindest bei Kindern, Jugendlichen und seit Ende 2006 nun auch für junge Erwachsene bis 25 Jahre bestätigt. Pfizer der Hersteller von Zoloft, das SSRI Antidepressivum, das meine Frau zwei Wochen lang einnahm und sich dann dass Leben nahm, als es abrupt abgesetzt wurde, hat deswegen im Sommer 2007 die Warnhinweise verschärft.

Die Aufsichtsbehörde BfArM jedoch hatte es erst Mitte Februar für nötig befunden –wahrscheinlich nur wegen meiner vermehrten Nachfragen- die Hersteller anzuschreiben, dass die Warnhinweise entsprechend dem neuen Sachstand der Europäischen Aufsichtsbehörde EMEA verschärft werden sollen.

Was Herr Löwer von der Aufsicht gesagt hat, erinnert mich an ein Zitat von Schopenhauer über die Wahrheit:

Zuerst wird sie belächelt, dann wird sie heftig bekämpft und zuletzt ist sie selbstevident.

Wenn er sagt, dass es schon lange bekannt ist, dass Antidepressiva bei leichten und mittelschweren Depressionen keine Wirkung haben, warum hat die Aufsicht nicht schon lange hierauf reagiert und die Zulassung entsprechend eingeschränkt? Sollten dann die Antidepressiva auch nicht nur für schwere Depressionen zugelassen werden? Warum wurde dann von der Aufsicht im Dezember 2004 die Zulassung von Zoloft sogar noch erweitert um die Indikation zur vorbeugenden Behandlung von Depressionen? Gibt es hierfür klinische Studien die belegen, dass die Zoloft und die anderen Antidepressiva zur vorbeugenden Behandlung von Depressionen wirksam sind? Wenn Antidepressiva bei leichten und mittleren Depressionen keine nachweisbare Wirkung haben, können sie dann überhaupt zur vorbeugenden Behandlung wirksam sein? Oder hat man die Zulassung auf Druck der Pharmaunternehmen erweitert, weil man dann noch mehr Medikamente absetzen kann? Auf wessen Seite steht eigentlich die Aufsicht, auf der der Pharmaunternehmen oder auf Seiten der Patienten, deren Gesundheitsinteressen sie doch schützen soll?

Diese Fragen sollten sie Herrn Prof. Löwer mal stellen.

Mit freundlichen

Dr. Lothar Schröder

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